Südtirol 2011: Bericht ⇒ Unterwegs mit Rennrad und Mountainbike

Auf den Spuren der Fleimstalbahn

Die heutige Tour startet auf dem Mountainbike. Leider hatte sich Börn vor ein paar Tagen die Schulter ausgekugelt, so muss er mit dem Arm in der Schlinge zurückbleiben und nur Reini und ich machen uns auf die Socken. Ziel ist die Trasse der Fleimstalbahn, eine frühere Eisenbahnstrecke, die zwischen 1918 und 1963 das Etschtal mit dem Fleimstal (Val die Fiemme) verband. Ein Teil dieser Strecke kann durch Wandern oder Radfahren erkundet werden, die Tunnel sind beleuchtet und das Licht schaltet sich automatisch ein. Zwei alte Viadukte führen über tiefe Taleinschnitte und an den Rändern der Trasse sieht man noch alte Halterungen für Masten und Signaleinrichtungen. Der Weg ist nicht asphaltiert, sondern besteht aus Split oder Waldboden, ist also nicht für Rennräder geeignet.

Nach dem wir die ca. 200 Höhenmeter zum Kalterer See hinab gerollt sind, durchqueren wir Auer (Ora) und biegen dort rechts auf einen Wanderweg ab. Der erste Teil ist sehr steil und wir müssen die Räder schieben. Ein Teil des Weges führt über eine eingezäunte Ziegenweide. Das Meckervieh lässt uns unbehelligt passieren und wir erreichen eine Anhöhe mit Blick über Das Etschtal. Danach sind wir schon auf einem ersten Teil der ehemaligen Bahnstrecke, dieser ist jedoch noch ziemlich zugewachsen und wir müssen uns einen Weg durch Gestrüpp bahnen. Bei Montan (Montagna) erreichen wir wieder „festen Boden“ und steigen auf einer steilen Straße weiter den Berg hinauf. Bei einem Parkplatz, mit Blick auf ein Schlösschen, biegen wir rechts ab und erreichen sogleich den alten Bahnhof von Montan. Kurz darauf geht der Teer in feinen Schotter über und ab jetzt radeln wir die alte Bahntrasse hinauf. Den einen oder anderen Bogen der Bahnstrecke kürzen wir über steilere Zwischenverbindungen ab. Die Beinmuskeln arbeiten hart und die für diese Jahreszeit unübliche Hitze treibt uns den Schweiß aus den Poren. In Kaltenbrunn haben wir erst mal genug vom Schwitzen. Rosis Imbiss lädt mit einem schattigen Plätzchen zum Verweilen ein. Zu essen gibt es leider nichts, aber ein kaltes Radler gönnen wir uns dann doch bei dieser Hitze. Das Thermometer an der Hauswand konstatiert uns 30°C (in der Sonne) und die freien Hautpartien sind schon ganz leicht gerötet.

Da wir nicht auf der Straße zurück nach Auer wollen, erkundigen wir uns nach einer Alternative. Wir finden einen Waldweg ins benachbarte Tal und queren das Dörfchen Hohlen. Ein Einheimischer meint, dass es bis Auer einfach nur geradeaus und immer bergab gehe – soweit die Theorie ;-). Tatsächlich müssen wir noch einige Höhenmeter überwinden, bis es endlich mal wieder bergab geht. Am Ende müssen wir dann doch noch ein Stück auf der Bundesstraße fahren, irgendwie finden wir keinen besseren Weg nach unten. Ab Auer fahren wir wieder auf dem gleichen Weg nach Kaltern zurück, nur das wir jetzt bergauf strampeln müssen. Kurz hinter dem See rufen wir Björn an, damit wir uns in Kaltern beim Eiscafé Innerhofer Treffen. Auch wenn er momentan nicht fahren kann, ein Eis ist immer drin!


Über Mendel- und Gampenpass

Abwechslung muss sein, deshalb steht heute eine Runde mit dem Rennrad auf dem Plan. Die Mendel-Gampenrunde ist die „große Hausstrecke“ von Björn und ein Muss auf unserer Tour. Den Mendelpass kennen wir ja schon zur Genüge, so dass wir uns die Kräfte gut einteilen und an den richtigen Stellen angreifen können - zumindest die ganz alten RadlerInnen, die wir unterwegs antreffen ;-). Leider ist heute Sonntag und bestes Wetter, so dass viel los ist auf der Straße. Nervig sind die vielen Motorradfahrer, die mit ausgeräumten Auspuffanlagen den Berg hinauf rasen. Ich fahre ja selbst Motorrad und habe für vieles Verständnis, aber man kann auch leise schnell sein …

Auf der Passhöhe schlürfen wir einen Cappuccino, bevor wir uns nach Fondo hinabstürzen. Dort halten wir uns rechts und steigen zum Gampenjoch hinauf. Vor uns recken Hochwart, Rontscher Berg und das Haesenöhrl ihre schneebedeckten Gipfel in den blauen Himmel, ein traumhafter Anblick. Im Restaurant am Gampenpass lassen wir uns einen weiteren Cappu schmecken und füllen am Brunnen unsere Trinkflaschen mit eiskaltem Wasser auf. Danach nehmen wir den steilen Abstieg Richtung Lana in Angriff. Nach dem wir lange bergauf gefahren sind macht die Abfahrt natürlich doppelt so viel Spaß. Diesmal fahren wir jedoch nicht bis Lana hinab, sondern biegen schon bei Naraun in Richtung Nals ab. Die Fahrt durch die Höhenlagen ist landschaftlich reizvoller, als unten durch das Etschtal zu radeln. Bei Priss gibt es mehrere Burgen und Schlösschen zu sehen und in Nals findet gerade ein Mountainbikerennen statt. Wir nehmen uns etwas Zeit und schauen eine Weile lang dem Geschehen zu, bevor wir weiter Richtung Bozen fahren. Bei Bozen steigen wir auf der ehemaligen Strecke der Überetscher Bahn nach Eppan hinauf. Dort setzen wir den obligatorischen Eis-Anruf an Björn ab und rollen dann nach Kaltern weiter, wo Björn uns schon in der Eisdiele erwartet.


Über Jenesien und Locher nach Vilpian

Auf der gleichen Überetscher Bahn Strecke, die wir gestern hinauf gefahren sind, fahren wir heute Morgen wieder nach Bozen hinab. Wir durchqueren die geschäftige Stadt und erreichen an ihrer Nordseite den Anstieg nach Jenesien. Zum Glück müssen wir dort nicht auf der Straße bleiben, es gibt einen schmalen Schotterweg, der sich den Berg hinauf mäandert. Mit den Mountainbikes ist er leicht zu fahren und wir gewinnen rasch an Höhenmetern. Im Hintergrund rauscht der Wasserfall des Fagenbaches ins Tal hinab, was bei der Hitze zumindest optisch kühlend wirkt. Am Ende des Schotterweges steigen wir auf einem schmalen Wirtschaftsweg weiter in die Höhe. Zum Teil ist der Weg so steil, dass wir schieben müssen. Aber keine Angst, der Weg wird sogar noch steiler, so dass wir das Schieben nicht verlernen :-(. Bald darauf geht dem Weg der Teer aus und aus dem Schotterweg wird ein Waldpfad und aus Schieben wird am Ende sogar Tragen. Dann erreichen wir wieder die Straße, folgen ihr ein kurzes Stück und biegen nach links auf die alte Straße nach Jenesien ab. Aufstiegstechnisch ist das keine Verbesserung, denn die Steigung beträgt deutlich über 20 %, was die Pedale arbeitslos macht, aber nicht die Beine. Weiter oben nehmen wir eine Abkürzung über eine Wiese und folgen danach einem Pfad durch ein Waldstück - natürlich auch alles schiebend. Kurz vor dem Ortsschild von Jenesien dürfen wir dann endlich wieder auf dem Rad sitzen und die Pedale benutzen. Der lange Anstieg hat an unseren Kräften gezehrt, d. h. wir brauchen einen schönen Kaffee. Mitten im Ort finden wir zwar ein Café, aber das macht zwischen 12:00 und 16:00 Uhr Mittagspause – und wir haben 12:20 Uhr. Da die Tür offen ist, geht Reini hinein und fragt, ob wir trotzdem etwas bekommen könnten. Die nette Wirtin sagt, ein Cappuccino sei immer drin …

Hinter Jenesien geht es immer noch aufwärts weiter. Mal auf Asphalt und mal auf Waldpfaden fahren und schieben wir uns zum Locher hinauf. Wir beobachten Enten, die in einer anderthalb Quadratmeter kleinen Tränke schwimmen, wir sehen einige Rehe am Waldrand äsen und stellen fest, dass die meisten Apfelblüten hier oben noch geschlossen sind, während sie im Tal unten schon fast verblüht sind. Noch ein letzter Anstieg, dann erreichen wir das Gasthaus Locher. Reini war im letzten Jahr schon mal alleine hier oben und er schwärmt vom guten Kuchen - und der hübschen Bedienung ;-). Wir bestellen zum Kaffee Schokoladenkuchen und Linzer Torte und werden weder vom Kuchen, noch von der Servicekraft enttäuscht ;-).

Vom Locher aus geht es immer noch weiter den Berg hinauf. Zunächst auf einer kleinen Straße, auf der einige LKW nerven, die Erde und Gestein zu einer Baustelle fahren. Sie fahren mit hoher Geschwindigkeit und kaum Sicherheitsabstand an uns vorbei. Der aufgewirbelte Staub nimmt uns den Atem und der Luftzug drängt uns fast in den Graben. Der nächste Waldpfad ist unserer, hier haben wir endlich wieder Ruhe. Bei Verschneid erreichen wir wieder eine größere Straße und folgen ihr Richtung Mölten. In der GPS-Karte ist eine Alternative eingezeichnet, auf der wir auf einem schmalen Weg ins Tal rollen könnten. Wir nehmen den kleinen Weg uns sausen steil hinab. Wie gehabt wird aus dem Weg ein Pfad und aus dem Pfad eine Trageaktion. Rechts geht es einen Abhang hinunter, der durch einen Erdrutsch entstanden ist. Links ist eine hohe Hecke und der einzige Weg für uns führt durch Dornengestrüpp am Rande des Abgrunds. Nach dem wir uns den Weg nach oben bis auf eine Wiese erkämpft haben, ist uns klar, dass das wieder mal eine unnötige Aktion war. Wir rasten kurz und pflegen die von den Dornen zerschundenen Beine. Na ja, jetzt wo wir es hinter uns haben, war es vielleicht doch nur halb so schlimm ;-).
Wir schieben die Wiese hinauf und folgen einem Ackerweg bis zur Straße. Die sind wir gerade in entgegengesetzter Richtung gefahren, nun fahren wir wieder zurück nach Verschneid. Dort halten wir uns rechts Richtung Etschtal und bleiben zunächst auf der Straße, bis wir einen Abzweig finden, der uns ohne Autoverkehr ins Tal führt. Viele Kurven lenken uns nach unten bis wir die Straße nach Vilpian erreichen. Wir durchqueren den Ort und finden kurz dahinter den Campingplatz, auf dem wir uns mit Hanspeter treffen wollen.

Kurz darauf stehen wir vor Hanspeters Wohnwagen. Wir bekommen Plätze in gemütlichen Liegestühlen und kühles Mineralwasser angeboten. Halb im Schatten dösend gehen wir unsere weiteren Vorhaben durch. Morgen wollen wir gemeinsam den Kaiserjägerweg und den Passo Manghen fahren, um uns für die Alpentour im Sommer vorzubereiten. Als die Pläne geschmiedet sind, fahren wir zusammen mit Hanspeter nach Kaltern, damit er weiß, wo er uns abholen muss und damit wir ihm unsere schöne Eisdiele zeigen können. Björn wird wieder telefonisch auf unsere baldige Ankunft vorbereitet, dann treten wir in die Pedale und bringen die letzte Kilometer für heute hinter uns.


Fahrt zum Kaiserjägerweg

Kurz vor 10:00 Uhr holt Hanspeter Reinhard und mich bei Björn zuhause ab. Wir laden die Rennräder in seinen Transporter und fahren mit dem Auto über Trento bis nach S. Vito, am Lago die Caldonazzo. Hier starten wir zu unserer Tour, die gleich in einen Kaltstart ausartet, da es sofort gut bergauf geht. Parallel zum See, nur einige Meter höher, fahren wir nach Süden. Hinter Bosentino finden wir eine Abkürzung nach Vattaro und folgen von dort aus der Straße nach Carbonare die Folgaria. Kurz hinter dem Passo della Fricca kommt ein längerer Tunnel, den wir mangels Licht und den in Italien seit neuestem vorgeschriebenen Warnwesten meiden wollen. Laut Karte gibt es eine Umfahrungsmöglichkeit parallel zur dunklen Röhre, auf die wir auch abbiegen. Die Überraschung ist groß, als wir feststellen, dass die Alternative aus mehreren verfallenen Tunnels besteht. Mit den Rennrädern können wir auf dem mit Steinen übersäten Boden kaum fahren, die meiste Zeit schieben und Tragen wir die Bikes und sind froh, als wir das Ende der Strecke erreichen.

Bei Lavarone folgen wir der Empfehlung des GPS-Gerätes und kürzen die Straße ab. Zunächst führt der Weg fast romantisch durch einen Wald und an einem verwaisten Campingplatz vorbei. Dann geht es auf einen Hügel hinauf und aus dem Teerbelag wird wieder mal ein  Schotterweg. Dieses für die Rennräder nicht zu fahrende Teilstück ist nur ein paar hundert Meter lang, so dass wir beschließen, die Räder wieder einmal zu schieben. Bald darauf erreichen wir die Straße und können uns wieder im Sattel sitzend fortbewegen. Nach einigen Kilometern auf und ab finden wir den Einstieg in den Kaiserjägerweg. Nun können wir erst mal eine Weile bergab rollen und die Schenkel schonen. In einer Linkskehre ist ein Aussichtspunkt, von dem aus wir ins Tal und über den Lago di Caldonazzo und den Lago di Lévico blicken können. Leider ist der Himmel mittlerweile zugezogen, bei schönem Wetter wäre der Anblick mindesten fantastisch. Ab hier ist die Straße nur noch 2,50 Meter breit und windet sich in die Tiefe. Immer wieder hat man super Ausblicke auf die Seen, muss aber gleichzeitig auf den Gegenverkehr achten, der einem in den unübersichtlichen Kurven entgegen kommen kann. Zum Glück ist heute nichts los auf der Straße, so dass wir die schnelle Fahrt genießen können. Der Genuss hält sich ein wenig in Grenzen, denn die Hände schmerzen schon bald vom vielen Bremsen, aber da muss man halt durch.

Im Tal folgen wir dem Val Sugana Radweg bis Calseránica und suchen dort ein Café zum Einkehren. Leider fängt die Saison erst in ein oder zwei Wochen an, alle Cafés und Restaurants sind noch geschlossen. Schließlich finden wir doch noch ein Hotel, dessen Bar geöffnet hat und setzen uns auf die Terrasse am See. Neben dem obligatorischen Heißgetränk finden auch noch belegte Panini ihren Weg in den Magen. Ein Blick auf die Uhr lässt die bisherige Planung wanken. Es ist schon 15:00 Uhr, das reicht heute nicht mehr für den Passo Manghen. Außerdem ist es mittlerweile ziemlich frisch geworden und die Passhöhe liegt mit über 2.000 Meter nochmals mehr als 1.500 Meter höher als unser momentaner Standpunkt. Also ist es dort nochmals gute 10°C kälter als hier. Wir beschließen das Projekt hier abzubrechen, nach Kaltern zurück zu fahren und uns die Kälte lieber in Form von Eiscreme zuzuführen. Am See entlang fahren wir zum Auto zurück, bringen keuchend die letzten 120 Höhenmeter hinter uns und machen für heute Feierabend, zumindest radtechnisch.


Vom Kalterer See zum Gardasee

Für die nächsten zwei Tage ist eine Tour zum Gardasee und zurück vorgesehen. Wir rollen nach dem Frühstück ins Etschtal hinunter und fahren auf dem Etschtalradweg Richtung Süden. Im Vergleich zu den letzten Tagen ist es ziemlich abgekühlt, so dass wir lange und warme Klamotten angezogen haben. Der Wind meint es gut mit uns, da er vorherrschend aus Norden bläst und unsere Fahrt von schräg hinten unterstützt. Reini strampelt vorne weg und ich im Windschatten hinterher. Wir haben oft mehr als 35 km/h auf dem Tacho stehen und kommen gut vorwärts. Ruckzuck sind wir in Trento und halten an einem uns gut bekannten Straßencafé einige hundert Meter abseits des Radweges. Hier nehmen wir unser zweites Frühstück in Form von Salamibrötchen und, weil gerade keine Milch da ist, Espresso statt Cappuccino ein. Nach weiteren ca. 25 Kilometern stoppen wir zum 3. Frühstück in einem Bike-Restaurant direkt am Radweg bei der Ortschaft Nomi. Hier wandern zwei Crossaints und zwei Cappuccini in unsere Mägen. Wir benötigen die Stärkung, weil es ab hier bergauf geht.

Wir überqueren die Autobahn und fahren über Villa Lagarina nach Castellano hinauf. Der Weg stemmt sich uns mit 10 % Steigung entgegen, kann unseren Vorwärtsdrang jedoch nur etwas bremsen. Hin und wieder halten wir an, schauen zurück ins Tal und genießen die Aussichten. Von Calstellano aus steigen wir weiter den Berg hinauf. Mit zunehmender Höhe wird die Straße zum Sträßchen und glücklicherweise kommt nur selten ein Auto vorbei. So können wir ungestört den Passo Bordala hinauf kraxeln und die Ruhe genießen. Das Passhöhen-Restaurant hat geöffnet und klar, es muss wieder ein Cappu über den Tresen wandern, den wir in der Sonne sitzend und die Glieder streckend genießen. Nach der Pause rollen wir steil hinab und bremsen erst wieder in Ronzo-Chienìs ab. Hier geht es rechts zum Monte Velo hinauf und wenn ich sage hinauf, dann ist das wörtlich gemeint. Nach gut 100 Kilometern und dem Anstieg zum Passo Bordala spüren wir unsere Beine mehr als deutlich auf der 12 %igen Steigung nach S. Barbara. Doch irgendwann ist auch diese Hürde geschafft und ab hier geht es nur noch bergab.

Wir rasen die kurvige Straße des Monte Velo hinunter und die Abfahrt scheint kein Ende nehmen zu wollen. Reini kann gar nicht glauben, dass wir im letzten Jahr diese schier endlose Strecke hinauf gefahren sind. Doch auch jede Abfahrt hat mal ein Ende und wir rollen in Arco aus. Auf dem Radweg, parallel zum Fiume Sarca fahren wir nach Torbole und dort direkt zur Touristeninfo, um uns ein  Zimmer zu besorgen. Wir bekommen ein achtseitiges Pamphlet ausgedruckt und klappern eine Pension nach der anderen ab. Doch auch hier hat die Saison noch nicht begonnen und alle Unterkünfte (bis auf teure Hotels) haben noch geschlossen. Als wir fast schon zur Touristeninfo zurück wollen, werden wir doch noch fündig. Unser Haus ist zwar nicht ganz so günstig wie erhofft, aber das Zimmer ist sehr schön, eine Garage für die Räder vorhanden und das Frühstück auf Sportler ausgerichtet.

Nach dem Duschen und etwas Ruhe von den Strapazen machen wir uns fertig zum Essen gehen. Das ist ganz einfach, wieder rein in die Radklamotten, allerdings ziehen wir ein frisches Trikot an, mehr Wechselklamotten haben wir nicht dabei, und ab ins Restaurant auf der anderen Straßenseite. Als Vorspeise lacht uns ein anständiger Salat an, danach gibt es selbst gemachte Nudeln mit Pesto – die waren sowas von lecker. Als Nachtisch werden Erdbeeren für Reini und eine halbe Ananas für mich serviert, beides sehr schön angerichtet. Nach dem Abschlussschnäpschen auf Kosten des Hauses wanken wir in unser Zimmer zurück, der nächste Tag wartet schon auf uns.


Vom Gardasse zurück zum Kalterer See

Der Blick aus dem Fenster zeigt uns graue Wolken, auch wenn wir mehrmals unsere Augen reiben. Egal, da müssen wir jetzt durch. Nach dem wirklich guten Frühstück packen wir unsere (weniger als) sieben Sachen und machen uns auf den Weg zurück nach Kaltern. Der Radweg trägt uns an Dro vorbei nach Norden und nach einem kleinen Stück Straße finden wir rechterhand einen ganz neu gebauten Radweg, dem wir gerne weiter folgen. Doch wie schon in den letzten Tagen zu beobachten war, wird aus jedem schönen Weg irgendwann ein Albtraum. Auch hier weicht der Asphalt und ein grob geschotterter Weg nimmt uns auf. Hm, mit Mountainbikes überhaupt kein Problem, aber die Rennräder schieben wir lieber. Zwischendurch ist der Weg auch mal einigermaßen fahrbar, doch die Steinchen, die mit lautem Knall unter den Reifen wegfliegen, lassen uns doch zusammenzucken. Keiner von uns hat Lust darauf einen Schlauch zu flicken. Ein Stück weiter hören wir lautes Motorengeräusch, eine Raupe kommt uns entgegen. Wir stellen uns mit den Rädern neben die Strecke, denn es ist nicht genug Platz, um aneinander vorbei zu kommen. Als die Raupe an uns vorbei zieht, trauen wir unseren Augen nicht. Das scheppernde und quietschende Teil reißt mit drei pflugartigen Zacken den Weg hinter sich auf. Wir schauen uns verdutzt an, was soll das? Jetzt können wir nur noch schieben, doch zum Glück sind es nur noch zwei-dreihundert Meter, bis wir wieder einen asphaltierten Weg erreichen. Erleichtert, dass wir die üble Strecke hinter uns haben treten wir in die Pedale.

Über Vezzano und Terlago erreichen wir eine Art Passhöhe und können nun bergab nach Trento rollen. Dort biegen wir auf den Etschtalradweg ein und strampeln gen Norden. Der von Björn versprochene Wind, der nach dem Mittag vom Gardasee hochbläst, ist leider nicht ganz so stark wie erhofft, so dass wir den Schnitt von der Herfahrt nicht ganz erreichen. Zwischendurch kehren wir zu einer Kaffeepause ein und kurz vor Auer werfen wir uns noch zwei Müsliriegel in den Rachen, um die 200 Höhenmeter nach Kaltern zu schaffen ;-). Kurz hinter dem Kalterer See benachrichtigen wir Björn über unser Kommen, damit er uns im Eiscafé avisieren kann. Dann stemmen wir uns die letzten Meter den Berg hinauf – geschafft.


Zum Passo Rolle

Nach drei Tagen hintereinander mit dem Rennrad, ist heute wieder das Mountainbike dran. Wir wollen zum Rolle Pass hinauf und dort über eine schöne Schotterstrecke wieder ins Tal zurück. Wir packen die Räder ins Auto und fahren damit bis Predazzo. Ab hier geht es nun als Pedalritter weiter, aber nicht nur weiter, sondern vor allem höher. Heute ist es wieder ziemlich kalt und mit zunehmender Höhe kühlt es weiter ab. In Bellamonte finden wir kein offenes Café so treten wir stur weiter den Berg hinauf bis Panevéggio . Dort finden wir auch nur einen kleinen Picknickplatz neben dem Forsthaus, aber nichts Warmes zu trinken. Wir vertilgen die belegten Brötchen, die Reinhard beim Frühstück vorbereitet hatte und kämpfen uns dann weiter den Pass hinauf. Die Berge um uns tragen alle weiße Kappen und auf den schattigen Plätzen im Wald sind noch große Schneeflecken zu sehen. Wir wuchten uns über die letzten Kehren zur Passhöhe hinauf, dann sind wir endlich oben, 1.984 Meter bescheinigt uns ein Schild mit der Bezeichnung des Passes. Und jetzt? Hier ist alles tote Hose. Das Restaurant, dessen Werbung weiter unten mit einem „Geöffnet“ Schild versehen war, ist geschlossen. Wir rollen noch einmal etwas zurück und finden eine kleine Bar, die offen ist. Drinnen ziehen wir unsere (trotz der Kälte) nassgeschwitzten Sachen aus und setzen uns zum Aufwärmen vor den Ofen. Die Wirtin bringt uns heißen Cappuccino und zwei aufgewärmte Minipizzen. Draußen fahren Schneeraupen umher und präparieren Skipisten. Was machen wir hier mit den Rädern hier oben?

Nach dem Aufwärmen wollen wir zur geplanten Schotterstrecke fahren. Als wir um die Ecke biegen, ist es aus mit toter Hose. Überall stehen Autos, Skilifte ziehen Menschen nach oben, überall fahren Leute mit ihren Brettern herum und die Skipiste verläuft quer über unseren vorgesehenen Weg. Heute ist die Strecke nicht zu machen. Die Geschichte mit Fahrrädern im Schnee hatten wir letztes Jahr schon und die müssen wir nicht wiederholen. Ein neuer Plan muss her und der heißt zunächst ein paar Höhenmeter verlieren. Wir rollen bis Panevéggio zurück und biegen dort auf einen Wanderweg ein. Zunächst geht es einen kleinen Anstieg hinauf, dann stehen wir vor einer wackeligen Hängebrücke. Unter der Brücke rauscht ein reißender Bach hindurch. Das sieht alles abenteuerlich aus (na ja, ein begrenztes Abenteuer natürlich), jetzt fehlen nur noch ein Bär oder ein paar Wölfe ;-). Wir überqueren die Brücke und ein darauf folgendes Schneefeld, dann geht es kilometerlang rasant abwärts. Nach ein oder zwei Zwischenanstiegen und nach einer Sackgasse geht es wieder gut abwärts, bis wir wieder am reißenden Bach enden. Diesmal führt ein einfacher Steg über die Flut und dahinter erwartet uns ein wurzeliger Anstieg, über den wir die Bikes tragen müssen. Von hier ab rollen wir wieder lange abwärts, passieren eine steile Felswand, an denen sich einige Kletterer Versuchen und erreichen schließlich wieder Predazzo. Nach einer Stärkung mit Cappuccino und mit Nutella gefüllten Hörnchen, verladen wir unsere Räder wieder und fahren zurück nach Kaltern.


Aufs Grauner Joch

Heute ist der letzte Tag unserer Tour. Uns fehlen noch ca. 1.400 Höhenmeter, um die 10.000 Meter Marke zu erreichen. Da bietet sich das Grauner Joch an, zumal wir sowieso mal zum Lenzenhof wollten, um dort den guten Kuchen zu naschen. Da wir nun an Kälte gewöhnt sind, ziehen wir uns warm an. Doch noch in Kaltern stoppen  wir, um uns wieder etwas luftiger zu kleiden, so kalt wie wir zuerst gedacht hatten, ist es im Moment auch nicht mehr. Auf einem Singletrail steigen wir nach Altenburg hinauf, überqueren kleine Holzstege und fahren nahe an Abgründen vorbei. In Altenburg wollen wir einen anderen Einstieg zum Lenzenhof suchen und radeln durch den Wald, bis es nicht mehr weiter geht. Ein tiefer Einschnitt verhindert die Weiterfahrt und auch der Versuch die Räder hinüber zu tragen scheitert an der Steilheit des Geländes und am tiefen Boden. Also Kommando zurück und doch auf den bekannten Wegen bleiben, um unser Ziel zu erreichen. Nach einigen Kilometern Anstieg erreichen wir den Lenzenhof. Jeder von uns beiden nimmt gleich zwei Stücke Apfelstrudel, wer weiß, ob es nachher noch etwas gibt. Beim weiteren Hinaufradeln merke ich, dass das zweite Stück doch eines zu viel war. Was soll’s, ändern kann ich es jetzt auch nicht mehr, oder nur durch drastische Mittel ;-). Nach einem Zwischenstück auf Asphalt mit ca. 24 % Steigung, geht es etwas flacher auf Schotter weiter. Der Weg zieht sich wie Gummi, noch eine Kehre und noch eine Kehre. Ein Stückchen steiler, ein wenig flacher, wiederum steiler. Nur langsam kommen wir voran und eigentlich haben wir keine wirkliche Lust mehr. Eine Woche täglich Radfahren hinterlässt schon Spuren. Doch wir kämpfen weiter und weiter, bis wir endlich oben sind und es geschafft haben. Wir überlegen nur kurz, ob wir noch weiter auf den Monte Roen sollen und dann weiter zum Mendelpass. Doch dann reden wir uns ein, dass noch zu viel Schnee liegt – ohne ihn gesehen zu haben – und dass es doch schon ach so spät sei und überhaupt, auf dem Lenzenhof wartet doch noch Kuchen auf uns …

Wir brauchen uns nicht lange selbst zu überreden, die Entscheidung ist ja quasi schon bei der Rauffahrt gefallen. Wir ziehen uns warm an, montieren Reinis Videokamera bei mir am Lenker und fetzen dann ins Tal zurück. Bis auf einen kleinen Sturz von Reinhard in einer Kurve verläuft die Talfahrt perfekt. Beim Lenzenhof fahren wir noch mal raus und freuen uns auf den Kuchen. Doch der ist bereits aufgegessen. Enttäuscht bleiben wir beim Cappu und freuen uns doppelt, als uns doch noch das letzte Endstück serviert wird, das wir redlich teilen. Vom Lenzenhof aus rufen wir Hanspeter und Björn an und verabreden uns für eine Stunde später im Innerhofer Eiscafé. Der weitere Ritt ins Tal ist dann nur noch ein Klacks. Wir stoppen noch kurz in Altenburg an der Kirche mit dem schönen Ausblick ins Tal. Fädeln danach auf den Singletrail ein und rollen zurück nach Kaltern zur Eisdiele.


Epilog

Insgesamt sind wir in dieser Woche 604 Kilometer gefahren und haben 10.542 Höhenmeter überwunden. Alle Ziele wurden erreicht, das Wetter war eigentlich immer gut, es hatte nie geregnet und meist hatten wir blauen Himmel. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Björn für seine Gastfreundschaft und seine Betreuung und vor allen Dingen gute Besserung, damit du das nächste Mal beim Radeln wieder mit dabei sein kannst!