Alpentour 2010: Tour de Suisse |
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„Machen Sie sofort die Kamera aus und löschen Sie das Band!“ Die Dame an der Schweizer Grenze blafft uns an, weil Markus die Fahrt an die Grenze gefilmt hat. Natürlich hat sie recht, an Grenzen darf man nicht filmen oder fotografieren. In Zeiten von Google Earth vielleicht eine anachronistische Vorschrift. Doch wir lassen uns die gute Laune nicht vermiesen. Die Grenzer fast aller Länder sind anscheinend grundsätzlich barsch und abweisend, der Rest der Bevölkerung wird uns sicher freundlicher gesonnen sein. Steigen wir also direkt in die Etappen ein, denn wir sind ja zum Radeln da …
24.07.2010, Etappe 1: Von Beaufort sur Doron nach Châtillon sur Cluses. Strecke: Beaufort sur Doron - Col des Saises [1.633 m] - Notre Dame de Bellcombe - Col des Aravis [1.486 m] - St. Jean de Sixt - Col de la Colombiere [1.613 m] - Le Reporsoir - Col du Romme [1.352 m] - Clúses - Châtillon sur Cluses. Spruch des Tages: Noch 13 km bis zur Passhöhe, Wir starten in Beaufort sur Doron von dem Hotel aus, das bei der Alpentour im Vorjahr unser letztes Etappenziel war. Das Wetter ist durchwachsen, sogar etwas kühl. Nach dem wir das obligatorische Startfoto geschossen haben, rollen wir uns ein paar Kilometer ein, bevor wir zum Col de Saisies hinauf steigen. 16 Kilometer Anstieg verspricht uns der erste Kilometerstein - für den Anfang nicht schlecht. Kurz unterhalb der Passhöhe wartet Joachim mit dem Versorgungsfahrzeug und bietet uns Getränke und Bananen an. Wir ziehen unsere Windjacken über, bevor wir die letzten paar Höhenmeter bis zum Pass überwinden und uns dann ins Tal hinab stürzen. In Notre Dame de Bellecombe verlieren wir uns kurz aus den Augen, doch bald haben alle den richtigen Weg gefunden und strampeln auf der Route des Grandes Alpes zum Col de Aravis hinauf. Dieser Pass wurde vor ein paar Tagen auch von der Tour de France befahren. Überall stehen noch Plakate, übergroße Fahrräder, Wimpel, Fahnen usw. Auf der Passhöhe ist es ziemlich zugig, so dass wir uns nur so lange aufhalten, bis die Vorräte aufgefüllt und warme Sachen angezogen sind. Durch teils einsame und nichtssagende Wintersportorte fahren wir ins Tal hinab und biegen in St. Jean de Sixt zum Col de la Colombiere ab. Erst als wir den Pass hinter uns gelassen haben, reißt der Himmel auf und die Temperatur steigt in angenehme Höhen. In Le Reposoir teilt sich die Straße. Links führt die normale Straße nach Clúses, rechts zweigt die sogenannte Touristenstraße ab. Mit ernstem Blick und strengem Zeigefinger weist Hanspeter, der mittlerweile mit Joachim den Platz im Auto getauscht hat, nach rechts und wir folgen brav seiner Anweisung. Schon nach kurzer Zeit ist klar, dass diese Strecke zwar landschaftlich sehr schön, aber auch ein guter Umweg ist. Trotzdem treten wir nicht den Rückzug an, sondern kräftig in die Pedale und lassen uns von den ca. 400 zusätzlichen Höhenmetern nicht abschrecken. Für die Anstrengung werden wir mit einer tollen Abfahrt belohnt, die wir rasant hinab rauschen. Clúses ist eine größere Stadt, die wir durchqueren müssen. Unser Etappenziel, Châtillon sur Cluses, liegt nördlich des Ortes und natürlich geht es auch noch über einige Kehren den Berg hinauf, die so eigentlich nicht auf dem Plan standen. Doch kurz vor dem Ziel gibt niemand auf und schon bald sitzen wir in unserem Hotel und genießen Kaffee und Kuchen. Am Abend will ich die Streckendaten in den Rechner eingeben, doch beim Starten der große Schock, das Betriebssystem will nicht starten. „BootMgr missing“ blinkt auf dem Schirm und nichts geht :-(. Zwar hat Markus noch seinen Mac dabei, aber darauf laufen meine GPS-Programme nicht. Reinhard, unser Computer-Spezialist, kann damit zumindest im Internet nach einer Lösung suchen.
25.07.2010, Etappe 2: Von Châtillon sur Cluses nach St. Maurice Strecke: Châtillon sur Cluses - Samoëns - Col de Joux Plane [1.712 m] - Col de Ran Folly [1.650 m] - Morzine - Le Biot - Col du Corbier [1.237 m] - Abondance - Châtel - Pas de Morgins [1.369 m] - Monthey - St. Maurice. Spruch des Tages: Hanspeter zu Motorradfahrern auf der Passhöhe: "Seid ihr gut hoch gekommen?" ;-) Heute bin ich mit Autofahren dran. Bis Samoëns ist es eine Flachetappe, aber danach steigt die Straße wieder an. Auf halber Strecke warte ich auf die Radler und mache ein paar Fotos, wie sie vorbei fahren. In Samoëns postiere ich mich dann am Fuß des Col de Joux Plane und warte auf die Meute. Und warte. Und warte. Nach über einer Stunde warte ich nicht mehr und fahre auf der engen Straße zum Pass hinauf. Als ich fast ganz oben bin, treffe ich auf Hanspeter und Markus, die eifrig am strampeln sind. Der Weg ist ziemlich steil, die Steigung ist oft im zweistelligen Bereich. Den Rest der Truppe finde ich im Café auf der Passhöhe. Die Radgruppe hat einen anderen Einstieg zum Pass genommen als ich, deshalb kamen sie nicht bei mir vorbei. Aber egal, jetzt habe ich die Schlawiner ja wieder eingeholt. Nach einem heißen Café au Lait, geht es wieder auf die Räder. Die Landschaft hier oben ist sehr schön. Ein See liegt eingebettet zwischen grünen Hügeln, man hört überall Kuhglocken läuten und riecht die gute Luft. Den Col du Ran Folly nehmen wir quasi im Vorbeifahren mit. Ich versuche die Radler mit der Videokamera vom Auto aus zu filmen, aber die Kamera halten und gleichzeitig das Auto mit Anhänger zu lenken ist nicht ganz einfach auf dem kurvigen Weg. Bei Seytroux halten sich meine Jungs wieder nicht an die abgesprochene Strecke. Mit dem Anhänger am Bus kann ich ja nicht die ganz kleinen Wege fahren, so warte ich am Abzweig wieder umsonst auf die Truppe, während diese eine „Abkürzung“ findet und zunächst unbemerkt an mir vorbei düst. Diesmal warte ich nicht mehr so lange, am Anstieg zum Col du Corbier habe ich die Ausreißer wieder eingeholt. Auf der Passhöhe machen wir eine Pause und essen im Restaurant Omelette. Danach wechsele ich aufs Zweirad, während Reinhard den Bus übernimmt. Die ersten Kilometer sind einfach, es geht ja auch bergab. Danach steigt die Straße wieder an. Ein paar Mountainbiker überholen Hanspeter und mich, aber als es etwas steiler wird, haben wir die vier wieder eingeholt und nun ziehen wir an ihnen vorbei - im Flachen kann ja jeder schnell sein ;-). Auf dem Pas de Morgins trifft unsere Truppe wieder zusammen. Gemeinsam fahren wir den Berg hinab und wechseln dabei in die Schweiz, oder ;-). Nun fahre ich eine ganze Zeit vorne weg und führe die Jungs nach St. Maurice, unserem heutigen Etappenziel. Nach dem die Zimmer bezogen und wir von Staub und Schweiß gereinigt sind, schauen Reini und ich uns das Örtchen an. Viel gibt es leider nicht zu bestaunen, aber die zweite Option, mit den anderen Fahrern im Biergarten des Hotels zu sitzen, ist ja auch nicht so schlecht.
26.07.2010, Etappe 3: Von St. Maurice nach Boltigen. Strecke: St. Maurice - Ollon - Col de Soud [1.524 m] - Col de la Croix [1.732 m] - Les Diablerets - Col du Pillon [1.546 m] - Gsteig - Gstaad - Saanen - Saanenmöser [1.279 m] - Zweisimmen - Boltigen. Spruch des Tages: Wer zuerst auf dem Pass ist, muss länger warten (und frieren) ;-) Durch das Rhônetal fahren wir zunächst nach Norden. Bei Ollon biegen wir ab und ab jetzt heißt es kleine Gänge fahren. Der erste Pass für heute ist der Col de Soud, den wir aber kaum bemerken, da er so unscheinbar auf der Strecke liegt. Der Col de la Croix fällt uns da schon eher auf, zumindest spüren die Beine, dass dieser Berg etwas anstrengender ist. Besonders Reinhard und Joachim dürfen die Steigungen genießen, denn die beiden fahren an einer Abzweigung geradeaus, statt links abzubiegen. So dürfen sie noch ein paar Höhenmeter mehr als wir sammeln, bis sie wieder auf dem rechten Wege zurück gefunden haben. Auf der Passhöhe steht eine kleine Hütte, in deren Windschatten wir uns zurück ziehen, denn hier oben pfeift ein kühler Wind. Es gibt Kaffee in kleinen Plastikbechern, der genauso viel kostet, wie der Café au Lait in Frankreich, der allerdings in großen Tassen serviert wurde - willkommen in der (teuren) Schweiz. Bald darauf erreichen wir den Col du Pillon. Hier oben ist es richtig kühl und wir verziehen uns rasch ins Restaurant. Nach einer leider nur lauwarmen Gulaschsuppe stürzen wir uns heißhungrig auf einen Heidelbeerkuchen. Leider liegt der geschmacklich sehr weit hinter der aus Tennenbronn gewohnten Qualität zurück – auf diesem Wege noch mal ein Kompliment an Reinhards Eltern für ihre Backkunst! Der Anstieg zum nächsten Berg, über Gsteig und Gstaad (fehlen da nicht ein paar Konsonanten? ;-) ) ist leider etwas verkehrsreich. Doch wir beißen uns durch lassen uns den Spaß von den Autos nicht vermiesen. Auf dem Saanenmöser sammeln wir uns für die gemeinsame Abfahrt. Wir haben einen guten Gegenwind, so dass wir selbst bergab in die Pedale treten müssen, um rasch vorwärts zu kommen. Später wird die Strecke flach und die Strecke zieht sich wie Kaugummi. Die meiste Zeit fahre ich vorneweg, der Rest folgt im Windschatten. Endlich erreichen wir Boltigen. Alle freuen sich schon auf eine heiße Dusche und darauf, dass sie die Beine ausruhen können. Aber nicht für alle ist Ausruhen angesagt. Hier haben wir wieder Internetzugang und Reinhard lädt mit dem Mac ein Reparaturprogramm herunter, um mein Notebook wieder zum Laufen zu bringen. Tatsächlich kann er den Fehler beseitigen, hurra, das Teil geht wieder! Nun kann ich die Etappen auswerten und eintragen und auch gleich ins Netz stellen. Die Daheimgebliebenen warten sicher schon auf Infos von unserer Tour.
27.07.2010, Etappe 4: Von Boltigen nach Innertkirchen. Strecke: Boltigen - Diemtigen - Spietz - Interlaken - Grindelwald - Große Scheidegg [1.962] - Innertkirchen. Spruch des Tages: Hanspeter mach langsam, du hast alte Leut' dabei ;-) Bis zum Thuner See geht es fast immer leicht bergab. Die Temperaturen sind recht frisch, so dass einige von uns nicht auf Beinlinge und/oder Armlinge verzichten wollen. Über dem See hängen tiefe Wolken, aber je weiter wir nach Westen rollen, desto öfter zeigt sich die Sonne am Himmel. In Wilderswil treffen wir wieder mit Sepp zusammen, der heute Morgen unser Versorgungsfahrzeug gefahren hat. Ab hier übernimmt Jürgen das Steuer und Sepp fährt mit uns auf dem Drahtesel weiter. Kurz hinter Wilderswil folgen wir dem ausgeschilderten Radweg, der sich bald darauf in einen Schotterweg übergeht. Dieser Schotterweg zwischen Wilderswil und Zweilütschinen ist Teil der (dort noch flachen) Laufstrecke des Jungfrau-Marathon, an dem Sepp schon mehrmals teilgenommen hat. Das macht den Belag aber nicht besser für unsere schmalen Rennradreifen. Wir lassen uns jedoch nicht entmutigen und holpern vorsichtig – wir machen uns ganz leicht auf dem Rad ;-) – weiter. In Grindelwald machen wir kurz Rast und laben uns an einem Kaffee und einem Stück Kuchen, bevor wir die „Große Scheidegg“ angehen. Nun haben wir gute 12 Kilometer Anstieg vor uns, wobei die Steigung selten im einstelligen Bereich liegt. Ab und zu tönt das markante Horn eines Schweizer Postbusses durch die Landschaft. Dann heißt es für uns Platz machen, denn die Fahrer sind nicht zimperlich und bestehen auf ihrer Vorfahrt. Hanspeter und ich gehen die Sache gemütlich an, fotografieren die Landschaft und erfreuen uns an den Kühen auf den Weiden. Auf der Passhöhe ist es bitterkalt und wir beeilen uns, in die gut besuchte Gaststube zu kommen. Sepp, Markus, Joachim und Reinhard warten schon auf uns und auch Jürgen ist bereits da. Er hat das Auto in Innertkirchen am Hotel abgestellt und ist von hinten die Scheidegg hinauf gefahren. Nach dem wir uns genügend aufgewärmt haben, ziehen wir alles an, was wir so dabei haben und stürzen uns ins Tal hinab. Es ist so kalt, dass meine Hände steif werden und ich kaum noch bremsen kann. Doch mit jedem Meter Abstieg nimmt die Temperatur zu, so dass wir letztendlich doch nicht erfrieren müssen. Die letzten zwei Kilometer geht es dann auch noch bergauf, so dass uns am Ende sogar noch mal richtig warm wurde.
28.07.2010, Etappe 5: Von Innertkirchen nach Innertkirchen. Strecke: Innertkirchen - Sustenpass [2.224 m] - Wassen - Andermatt - Realp - Furkapass [2.431 m] - Grimselpass [2.165 m] - Guttannen - Innertkirchen. Spruch des Tages: Je weniger Zähne man in der Gosch hat, desto mehr braucht man auf den Ritzeln ;-) Heute ist irgendwie nicht mein Tag. Das Radfahren fällt mir schwer, ich komme in keinen Rhythmus. Hanspeter bleibt bei mir und gemeinsam quälen wir uns (äh, eigentlich quäle nur ich mich) den Sustenpass hinauf. Die anderen sind schon weit voraus und aus unserem Blickfeld verschwunden. Wenigstens spielt das Wetter mit, so dass wir zumindest die Landschaft genießen können. Am Steingletscher stürzt links ein großer Wasserfall in die Tiefe und rechts schieben sich die Eismassen (zumindest die, die noch übrig sind) in die Tiefe. Jetzt ist es nicht mehr weit bis zur Passhöhe, doch einfacher wird die Fahrt dadurch auch nicht. Mit letzter Kraft schleppe ich mich Kehre um Kehre nach oben, bis wir endlich unser Zwischenziel erreicht haben. Die anderen Fünf sind schon lange hier oben und machen sich zur Weiterfahrt bereit. Mir reicht es, heute geht bei mir nichts mehr. Hanspeter und ich fahren nach Innertkirchen zurück. Markus schließt sich uns an. Er hatte ein traumatisches Erlebnis mit einem Lastwagen, der ihn fast in die Schlucht abgedrängt hatte. Nun ist er mit den Nerven fertig und mag nicht mehr. Während wir Drei uns also auf den Rückweg machen, setzen die anderen Vier den geplanten Weg fort. Sie fahren weiter zum Furka- und zum Grimselpass und kommen am Abend von der anderen Seite her zum Hotel zurück. Nach dem wir kurz geduscht haben, fahren wir mit unserem Sprinter wieder zum Sustenpass hinauf und auf der anderen Seite nach Andermatt hinunter. In der Zwischenzeit hat sich das Wetter verschlechtert, dunkle Wolken dominieren und der Regen lässt auch nicht auf sich warten. Unterhalb des Furkapasses besuchen wir die dampfbetriebene Schmalspurbahn der Furka-Bergstrecke. Die Lokomotive und einige Wagen wurden einst nach Vietnam verkauft und vor einiger Zeit wieder in die Schweiz zurück geholt. Eigentlich wollten wir mit der Bahn fahren, aber der letzte Zug des Tages ist schon weg. Die Rückkehr dauert noch eine Stunde, so entern wir das kleine Café in einem ausrangierten Eisenbahnwagen und kaufen gleich die ganze Kuchenpalette auf, die mitsamt dem Kaffee in unsere Mägen wandert. Ein schrilles Pfeifen holt uns vom Tisch weg, der Zug fährt dampfend und zischend in den Bahnhof ein. Plötzlich wuselt es auf dem Bahnsteig, Leute steigen aus, wir fotografieren Lok und Wagen und lassen uns dabei auch nicht vom Regen abhalten. Wenig später fahren wir über den Furkapass und halten am Rhonegletscher an. Viel ist vom Eis leider nicht mehr übrig. Als ich vor vielen Jahren das letzte Mal hier oben war, war da noch ein Gletscher. Heute muss man sich anstrengen, um überhaupt noch etwas von den Resten zu erblicken. Die Murmeltiere sind hier zutraulich, anscheinend werden sie von Touristen gefüttert und haben wenig Scheu vor uns. Wir verlassen den traurigen Ort und arbeiten uns durch Nebel und Regen zum Simplonpass hinauf. Wir beneiden unsere Radlerkollegen nicht, die jetzt durch diese Sauwetter strampeln müssen. Nässe und Kälte zehren sicher an den Kräften und ich bin fast froh, dass ich heute Vormittag nicht in Hochform war und mich nun auch durch die Unbilden des Wetters kämpfen muss. Als wir wieder am Hotel zurück sind, warten unsere Haudegen schon auf uns. Über 3.600 Höhenmeter haben sie erstrampelt und das unter diesen miesen Bedingungen, Respekt!
29.07.2010, Etappe 6: Von Innertkirchen mit dem Auto nach Airolo - Sch**eisswetter :-( Spruch des Tages: Es regnet erst wirklich, wenn ich nass geworden bin ;-) Da es fast ununterbrochen regnet, packen wir die Räder in den Hänger und fahren mit dem Auto nach Airolo. Die Fahrt geht über den Gotthard und wir schauen vom Fenster aus auf die Wege, die wir eigentlich mit dem Rad fahren wollten. In Airolo beziehen wir unsere Zimmer und erkunden zumindest zu Fuß den Ort. Beim leckeren Abendessen hoffen wir auf besseres Wetter für den nächsten Tag. 30.07.2010, Etappe 7: Von Airolo nach Ilanz Strecke: Biasca - Acquarossa - Olivone - Acquacalda - Lukmanierpass [1.914 m] - Disentis - Brigels - Ilanz. Spruch des Tages: Ich hab nur einen Arsch und der tut mir weh. Aber schreib net Arsch, des hört sich so ordinär an, Bobbes oder Hintern vielleicht, oder ... ach Arsch halt ;-) Das Wetter ist auch heute nicht die Wucht. Wir beschließen den Gotthard auszulassen und zunächst mit dem Auto nach Biasca zu fahren und von dort aus mit dem Rad über den Lukmanierpass nach Ilanz zu düsen. Gesagt, getan, schon sitzen wir wieder in der Blechdose und flüchten vor dem nasskalten Wetter. In Biasca ist es zwar kühl, aber trocken. Doch wir haben noch mehr Glück, die dunklen Wolken weichen und es kommt sogar die Sonne heraus. Nach einigen Kilometern ist es sogar richtig sonnig und warm. „Warum hetzen wir eigentlich so“, frage ich Hanspeter, „wir sind doch nicht auf der Flucht!“ Zwei Kurven weiter finden wir ein Café mit sonniger Terrasse und das flotte Gestrampel hat Pause. Wir genießen den Café au Lait in der Sonne und bereiten uns seelisch und moralisch auf die weitere Strecke vor. Nach der Stärkung klettern wir weiter den Berg hinauf. Doch nicht nur die Steigung arbeitet gegen uns, auch der Wind frischt auf und stemmt sich uns entgegen. Weiter oben ist letzterer auch noch ziemlich kühl und wir sind froh, als wir auf 1.920 Metern das Restaurant erreichen. Eine heiße Schokolade und ein leider nicht ganz so leckerer Kuchen geben uns die Kräfte wieder zurück. Nun geht es nur noch bergab, zumindest fast. Schöne Landschaften fliegen an uns vorbei. Die Gipfel sind schneeweiß, die Wälder und Almen leuchten grün, aber der Wind ist immer noch gegen uns. Tapfer pedalieren wir gegen das kühle Gebläse und rollen Ilanz entgegen. Wir erreichen unser Ziel recht zeitig am Nachmittag. So bleibt nach dem Duschen noch Zeit für ein Eis aus dem Bioladen und zwei Radler vor dem Rathaus. Ein junger Künstler unterhält die Umstehenden mit fremdartig wirkenden Tönen aus einem Didgeridoo, vielleicht wäre ein Alphorn doch etwas passender gewesen ;-)
31.07.2010, Etappe 8: Von Ilanz nach Preda Strecke: Ilanz - Bonaduz - Thusis - Abstecher in die Via Mala - Thusis - Tiefencastel - Bergün - Preda. Spruch des Tages: Die Touristengruppe ist zu schnell für die Sportgruppe, außerdem sind denen die Berge zu steil ;-) Von Ilanz aus fahren wir parallel zum Vorderrhein Richtung Westen. Wir überqueren auf teils abenteuerlichen Brücken einige Zuflüsse, die sich von den Höhen hinab ins Tal stürzen. Die Aussicht zum jungen Rhein ist grandios und diese Strecke ist eine der schönsten der ganzen Tour. In Bonaduz trinken wir einen Kaffee in der Sonne, bevor wir in Richtung Süden abbiegen. Nach dem wir zwei Schweizer Radler gezeigt haben, dass auch Flachlandtiroler gut vorwärts kommen ;-) weichen wir kurz von der Strecke ab und besuchen die Schlucht an der Via Mala. Hier kann man tief unten zwischen Felsspalten den Hinterrhein bewundern, der sich einige Kilometer weiter im Norden mit dem Vorderrhein vereint. „Tief unten“ ist nichts für den nicht schwindelfreien Reinhard. Er beschließt schon mal voraus zu fahren, schlägt allerdings die falsche Richtung ein und folgt weiter der Via Mala. Wir fahren zum Abzweig nach Thusis zurück und wundern uns, warum wir Reini nicht finden. Keiner von uns hat ein Handy dabei und das Versorgungsfahrzeug ist auch nirgends zu sehen. So folgen wir vorerst der geplanten Strecke und hoffen irgendwo auf das Auto zu treffen. Nicht viel später finden wir Joachim und Markus am Straßenrand wartend. Ich aktiviere mein Handy und lasse es beim Versorger, damit Reinhard sich melden und bei Bedarf von ihm abgeholt werden kann. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht, wo er sich genau aufhält. Sepp, Jürgen, Hanspeter und ich setzen unseren Weg fort. Bei Filsur steht das berühmte Landwasser Viadukt, eine tolle Eisenbahnbrücke. Natürlich wollen wir diese architektonische Schönheit auch von nahem betrachten. Hanspeter war schon mal dort und kennt den Weg. Wir überwinden einige hundert Meter offroad und stehen bald darauf unter der alten Brücke. Es gibt auch einen Weg zu einem Aussichtspunkt oberhalb der Brücke. Sepp war schon oben und fährt mit Jürgen weiter, weil sie noch zum Albula Pass hinauf wollen. Hanspeter und ich verstecken unsere Räder im Wald und erklimmen uns zu Fuß die ca. 100 Höhenmeter zur Plattform. Wir müssen dann noch gute 20 Minuten warten, dann kommt endlich der Zug aus dem Tunnel und fährt malerisch über die Brücke. Das Warten hat sich wirklich gelohnt, es ist ein toller Anblick! Bis Preda ist es nun nicht mehr weit, aber steil. Die Temperaturen sind hoch und unsere Trinkflaschen sind mittlerweile auch leer. Nach einigen steilen Kehren steht endlich der Versorger in einer Parkbucht. Reinhard sitzt auch drin, er ist tatsächlich in die falsche Richtung gefahren und konnte auf abenteuerlichen Wegen und über fünf Ecken mit dem Telefon eines holländischen Touristen meine Handynummer ausfindig machen und Joachim und Markus erreichen. Die beiden haben ihn dann abgeholt. Nun freuen wir uns, dass der verlorene Sohn wieder da ist und wir endlich wieder etwas trinken können. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Die Auffahrt zum Albula ist relativ steil und so langsam spüren wir unsere Beine. Wir versuchen uns mit der schönen Landschaft und den tollen Ausblicken auf die zahlreichen Eisenbahnbrücken zu trösten. Hin und wieder rauscht der rote Glacier-Express vorbei und mäandert über die Brücken Richtung Albula hinauf oder kommt gerade von dort herunter. Trotzdem haben wir langsam keine Lust mehr zum Strampeln. Es ist die letzte Etappe und der Berg ist anstrengend. Die anderen Radler sind schon alle im Hotel in Preda. Noch ein paar Kehren müssen wir erklimmen, dann kommt endlich auch für uns das Ziel in Sicht. Erschöpft setzen wir uns auf die Terrasse unserer Unterkunft und lassen uns mit Radler und leckerem Kuchen verwöhnen. GESCHAFFT! |